Mit der Schere in die Wahlkabine

Wer in Argentinien wählen geht, sollte tunlichst eine Schere mit in die Wahlkabine nehmen. Einen Stift braucht er nicht. Das poltitische System Argentiniens ist komplex, das fängt schon beim Wahlsystem an, das auch von internationalen Wahlbeobachtern scharf kritisiert wird, weil in den Wahlkabinen extra Wahlzettel von jeder Partei liegen („Listas Sábanas“). Auf Deutsch bedeutet dies in etwa „Betttuch-Listen“, weil die Zettel oft sehr groß sind. Die Wähler geben ihre Stimme durch die richtige Auswahl des Stimmzettels ab. Zettel einer unliebsamen Partei könnten also leicht aus den Kabinen entfernt werden, weswegen die Parteien an jeder Kabine einen Beobachter aufstellen, was enorme Kosten verursacht. Auch Stimmensplitting ist theoretisch möglich, aber dafür müssten die Wähler die einzelnen Wahlzettel auseinanderschneiden.

Der Kongress, also die Legislative, bestehend aus einer Abgeordnetenkammer und dem  Senat und wird meist in allen Provinzen zu anderen Zeitpunkten gewählt. Die Anzahl der Abgeordneten der Abgeordnetenkammer wird per Verhältniswahlrecht ermittelt und ist nach einem bestimmten Schlüssel auf die Provinzen verteilt, sie beläuft sich auf etwa einen Abgeordneten pro 152.000 Einwohner. Die Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt, allerdings jeweils die Hälfte der Abgeordneten alle zwei Jahre. Die Anzahl der Senatoren beträgt drei je Provinz und drei für die autonome Stadt Buenos Aires. Der Senat wird im Gegensatz zur Abgeordnetenkammer nach einem Sonderfall des Mehrheitswahlrechts gewählt; zwei Senatorensitze erhält die Partei mit den meisten Stimmen, einen Sitz die Partei mit den zweitmeisten Stimmen. Die Senatoren werden für einen Zeitraum von sechs Jahren gewählt, alle zwei Jahre wird ein Drittel der Senatoren gewählt. Sie tagen im Kongresspalast.

Wenn der Berliner Reichstag und das Kapitol ein Kind haben könnten, dann wäre dies das Parlamentsgebäude in Buenos Aires. Das Hauptportal erinnert an das Deutsche Parlament, die mächtige Kuppel an das Äquivalent in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten.

Der Kongresspalast in Buenos Aires wurde von denselben Architeken geplant wie das Teatro Colon.
Der Kongresspalast in Buenos Aires wurde von denselben Architeken geplant wie das Teatro Colon.

Hier ist das Zentrum der Macht, verbunden durch die Avenida de Mayo mit dem Casa Rosada, dem Regierungssitz. Seit Dezember 2015 ist Mauricio Macri Staats- und Regierungschef der República Argentina, so der offizielle Eigenname. Die Präsidiale Bundesrepublik ist unter anderem Mitglied in der G20 und  in der UNO. Die Hauptstadt ist Buenos Aires, die Amtssprache: Spanisch, die Menschen hier sind mehrheitlich Katholiken. Das Land hat eine Fläche von 2.780.403 Quadratkilometern, im Vergleich: Deutschland hat 357.168 Quadratkilometer.

Die Provinzen sind die Gliedstaaten des argentinischen Bundesstaates. Sie haben jeweils eine eigene Provinzverfassung, eine Provinzregierung unter Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs und ein Parlament. Es gibt 23 Provinzen und die autonome Stadt Buenos Aires.

43,132 Millionen Einwohner (Deutschland: 81.459.000) leben in Argentinien, das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 15,5 Einwohner/km² (Deutschland: 226 Einwohner). Das Bevolkerungswachstum liegt bei einem Prozent (in Deutschland derzeit keines). Auf jede Frau kommen im Schnitt 2,2 Geburten (Deutschland im Jahr 2012: 1,38). Im Hinblick auf die Einwohnerzahl nimmt es  Platz drei in Südamerika und den fünften Rang in ganz Amerika ein.

Gemessen an der Fläche ist es der achtgrößte Staat der Erde und der zweitgrößte des südamerikanischen udn der viertgrößte des amerikanischen Doppelkontinentes. Seine Fläche macht Argentinien zum größten spanischsprachigen Land der Welt. Wegen seiner großen Nord-Süd-Ausdehnung hat das Land Anteil an mehreren Klima- und Vegetationszonen.

Nationalfeiertag ist der 25. Mai und geht auf die „Revolución de Mayo“ im Jahr 1810 zurück Die Mai-Revolution gipfelte in der Errichtung der ersten von der spanischen Krone unabhängig gebildeten Regierung des Staates, der sich sechs Jahre nach der Mai-Revolution als vom Mutterland unabhängig erklärte und heute den Namen Argentinien trägt.

In den Umsturz involviert waren in erster Linie Menschen mit spanischer Herkunft aus der oberen Mittelschicht und Oberschicht Buenos Aires‘. Im Zuge der Mai-Revolution kam es zu keiner großen Gewaltausübung; die Bezeichnung der Ereignisse als „Revolution“ betont vor allem den Wechsel des Regierungssystems.

Die Plaza de Mayo im Zentrum von Buenos Aires wurde nach diesen Ereignissen benannt. Am 25. Mai nahm die autonome Regierung ihre Arbeit auf.

 

Das heutige System ist vor allem für die Wähler sehr undurchsichtig und begünstigt vor allem Personenkult als auch Korruption.

So werden beispielsweise die Wahlen zum Senat und dem Repräsentantenhaus meist gemeinsam mit Bürgermeisterwahlen durchgeführt, was aufgrund der so genannten Listas Sábanas zu Verzerrungen führt.

3 Kommentare zu „Mit der Schere in die Wahlkabine

  1. Vielleicht sollte man das Wahlsystem in Deutschland auch verkomplizieren, dann überlegt sich der eine oder andere Wähler evtl genauer, wo er sein Kreuzchen setzt…

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    1. Ja, aber die Rechten könnten dann ja einfach die Wahlzettel der anderen Parteien aus den Kabinen verschwinden lassen. Das würde ich denen zutrauen. Nach dem Wahlsonntag in Deutschland überlege ich gerade, ob ich noch ein Sonderthema Eichmann und Mengele einschiebe, die ja hier untergetaucht waren. Eichmann lebte in der Calle Garibalidi, aber bei Street View sieht das etwas „schwierig“ dort aus, da bräuchte ich einen Begleiter. Der Mossad hat Eichmann 1960 aus Buenos Aires entführt und machte ihm dann in Israel den Prozess.

      1975 gab es im Spiegel dazu in den Ausgaben 38-51/75 mehrere Berichte.
      spiegel.de/spiegel/print/d-41471371.html
      spiegel.de/spiegel/print/d-41471465.html
      spiegel.de/spiegel/print/d-41471465.html
      spiegel.de/spiegel/print/d-41458177.html

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