Fatih wartet. Auf Kunden. Auf Touristen. Auf bessere Zeiten. Inshalla, fleht er immer wieder in seinem kleinen Teppichladen im Großen Basar. Seit 27 Jahren handelt er hier mit Kelims, aber so schlimm wie jetzt war es noch nie, sagt er. „Im Winter, klar, da kommen wenig Kunden. Aber jetzt im Mai, zur besten Reisezeit, da müsste der Basar ein einziges Menschengewimmel sein.“ So war das jedenfalls bisher. Aber jetzt ist alles anders. Gähnende Leere, Langeweile, Lethargie.
Gehandelt werden muss auf dem Basar gar nicht mehr. Es reicht die Andeutung, wieder gehen zu wollen, dann geht der Preis automatisch nach unten. Solche Schnäppchen machen traurig.
Istanbul wird geschnitten. Niemand will hierher kommen und selbst Türken in Deutschland raten davon ab, im Moment die Stadt zu besuchen. Kein Wunder, berichten die Medien, wenn sie über die Türkei berichten, doch nur noch über Anschläge, Polizeigewalt, Repressionen gegen Journalisten und Erdogans fragwürdige Politik. Die Folge für Istanbul: leerer Basar, leere Restaurants, leere Taschen. Selbst die Istanbuler bleiben scheinbar lieber in ihrem sicheren Zuhause. Wie in Watte gepackt wirkt diese Metropole.
Wer über die Galatabrücke spaziert, bekommt eine Ahnung, wie Istanbul sein könnte – wie es bis vor kurzem war. Wer auf dem Galataturm auf diese grandiose Stadt zwischen Europa und Asien blickt, wird ihre Schönheit wohl nie wieder vergessen.

Auch die Offenheit der jungen Muslime in der Süleymaniye-Moschee beeindruckt. Sie bieten sich den Besuchern für Informationen an, suchen das Gespräch. Sie teilen Informationsbroschüren über die prächtige Moschee und den Islam aus und wer will, bekommt den Koran als Geschenk. Ungläubige Frauen müssen sich nicht wie in der Sultan-Ahmed-Moschee einen sackartigen Pseudo-Rock überziehen und Besucher werden nicht durch eine Hintertür hereingelassen.


Vertraut wird der Islam auch nach diesem Besuch nicht, aber er wirkt hier sympathisch, so sympathisch wie die Menschen in dieser Stadt. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Moschee mitten im Uni-Viertel liegt. Überhaupt gilt dieses Viertel als wesentlich liberaler als die Altstadt, die in Hörweite des Minaretts der Blauen Moschee liegt.
Für Fatih ist der Glauben sowieso kein Problem. Er war schon in Hamburg, in Hannover und viel öfter in Spanien. Die Teppiche haben ihn durch halb Europa geführt, Teppiche werden in aller Welt gebraucht, egal, ob darauf gebetet wird, oder nicht. Er würde seine Teppiche gerne weiter in aller Welt wissen. Doch in diesen Tagen ist das ein noch schwereres Geschäft als sonst: Wenn das Warten auf den ersten Handel erst mit dem Mittagsgebet zu Ende ist…