Normalität

Was mir zunehmend auffällt: Mir gehen ein bisschen die aus meiner deutschen Sicht spannenden, lustigen, absurden Themen für den Blog aus, wenn ich hier in Sizilien unterwegs bin. Ich will ja schließlich nicht die 1001. immer gleiche Reiseführer-Geschichte schreiben.

Und: Mein ungläubiges Staunen über „la bellezza e l‘inferno“, die hier auf der Insel seit Jahrtausenden einträchtig in direkter Nachbarschaft wohnen, setzt mich schon länger nicht mehr so in vibrierende Aufregung, wie das früher der Fall war.

Wenn ich in der Stadt mit ihren prächtigen Bauten unterwegs bin, dann nehme ich sie mittlerweile als selbstverständlich wahr, wie ich auch in Deutschland die bunten mittelalterlichen Häuschen in meiner Stadt nicht mehr sonderlich beachte. Und das sind ja nur die Äußerlichkeiten.

Ich nehme deshalb an, dass ich hier in Sizilien Fuß gefasst habe. Dass ich mittlerweile ziemlich fest im Sattel sitze. Vorbei die Zeiten, als mir das Herz bis zum Hals schlug, wenn ich auf ein Amt musste. Vergangen die Verzweiflung, wenn irgendetwas kaputt war. Jetzt weiß ich, wie es läuft (meistens jedenfalls) und dass ich immer wieder jemanden finde, der mir beim Problem lösen bei blockierten Pumpen oder anderen alltäglichen disastri hilft.

Und wenn es doch mal nicht so einfach ist, dann wende ich ohne groß nachzudenken die mir in all den Jahren lieb gewonnene sizilianische Methode an (die sich auch in Germania bewährt hat, auch wenn sie meine Mitmenschen manchmal zur Verzweiflung treibt): Abwarten, könnte schlimmer sein. Irgendwann (oder vielleicht auch nie) gibt es eine Lösung. Eh, cosa ci vuoi fare…?

Ich finde es, um ehrlich zu sein, ein bisschen schade, dass dieses ungläubige Staunen eines Kindes, das alles zum ersten Mal sieht, hört und erlebt und das ich hier lange Zeit auch als Erwachsene gefühlt habe, jetzt einer Art sizilianischer Adoleszenz gewichen ist. Aber so ist das wohl, wenn man in der Normalität angekommen ist.

Ein Kommentar zu „Normalität

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