Manchmal habe ich einfach keine Lust einzukaufen. Dann warte ich lieber auf dem Supermarkt-Parkplatz im Auto, bis zum Beispiel meine zu Besuch weilende Tochter den Einkaufszettel abgearbeitet hat. Langweilig wird mir dabei nie, denn auf den öden Flächen passieren manchmal die skurrilsten Dinge.
So wie neulich in Avola. Ich wollte, während ich also auf dem Parkplatz wartete, nur schnell was aus dem Kofferraum holen, als ich ein paar Stellplätze weiter Kinder schreien hörte. Es war wohl der Nachwuchs englischer Touristen. Dessen Eltern hörten sich das Gezeter eine zeitlang interessiert-verständnisvoll an, bis der Vater eingriff. Die Situation schien ernst und erforderte offenbar eine besonnene pädagogische Intervention.
Den zweiten der ragazzi, den jüngeren, konnte ich zuerst hinter all den Autos nicht sehen, dann entdeckte ich ihn bei den Einkaufswagen. Offenbar stritten sich die Brüder bis aufs Messer darum, wer mit einer Münze den Wagen entsichern durfte. Dass seit Jahren bei diesem Centro commerciale niemand mehr einen Euro nimmt, um eines der sperrigen und nur schwer lenkbaren Drahtgefährte mit den verborgenen Rädern aus der Diebstahlsicherung zu befreien, konnten die beiden ja nicht wissen.

Wie es letztendlich ausging, habe ich nicht mehr weiterverfolgt, denn auf der Ausfahrt spielte sich ein noch weitaus schlimmeres Drama ab, auf das ebenfalls markerschütterndes Geschrei meine Aufmerksamkeit lenkte. Erst ein paar Sekunden vorher war eines der Autos neben mir weggefahren, das nur ein paar Meter weiter gleich wieder anhielt. Der Fahrer stieg brüllend aus, eine, vermutlich seine Frau, kreischte ebenfalls und dann zerrten die beiden ihre drei Kinder von den Rücksitzen auf die Straße. Eines davon hatte sich offenbar im Wagen übergeben.
Während die Mamma versuchte, das immer weiter speiende Kind auf die Hecke zu umzulenken, warf der Papa in hohem Bogen alles von der Rückbank raus, mitten auf die Fahrbahn, weiter Zeter und Mordio schreiend. Von ruhiger verständnisvoll-pädagogischer Intervention, die nur ein paar Parkplätze weiter sein englischer Kollege anwandte, war dieser Sizilianer jedenfalls meilenweit entfernt.
Alle Kinder heulten hysterisch, während sich eine immer größer werdende Menschenmenge um das Auto versammelte. Die einen wollten helfen, die anderen waren einfach nur neugierig. Natürlich bildete sich sofort ein Stau, Hupen verstärkten den Lärm auf dem Parkplatz ins Unermessliche.
Wie sich herausstellte, war das Auto quasi fabrikneu. Die erste Familien-Ausfahrt hatte zum Centro commerciale geführt. Der Papa konnte sich ob des Unglücks, das ihn wie ein Blitz getroffen hatte, gar nicht mehr beruhigen. Ich hoffe, dass sich trotzdem alle wieder schnell eingekriegt haben und der Haussegen wegen eines Autos nicht nachhaltig gestört bleibt.
Wie es einem Kind binnen weniger Meter beim Autofahren derart schlecht werden kann, ist mir allerdings nach wie vor ein Rätsel. Vielleicht hatte es vorher auf dem Karussell im Einkaufszentrum einfach zu viele Runden gedreht.